Kinder- und Jugendhilfe: Kosten steigen
Eine Ursache für die enorme Kostensteigerung sieht der Landesrechnungshof in einem Mangel an Pflegefamilien. So werden 60 Prozent der betroffenen Kinder in Heimen untergebracht, wo die Ausgaben von 94 Millionen auf 184 Millionen Euro stiegen. Dabei, so die Prüfer, erscheine "eine familiäre Unterbringung für Kinder und Jugendliche grundsätzlich geeigneter".
Pflegefamilien sind auch billiger. "Ich bekomme monatlich 800 Euro pro Kind", berichtet ein Betroffener in Nordsachsen, der mit seiner Frau seit vier Jahren zwei Mädchen betreut, die heute 17 und 11 Jahre alt sind. Ein Heimplatz koste um die 3000 Euro. Sein Eindruck: "Einige Träger sehen das als Wirtschaftsbetrieb." Pflegeeltern müssten mitunter lange auf ein Pflegekind warten.
Freie Presse, 3. Januar 2018
Leben in Ungewissheit
Das kleine Mädchen hatte eine Menge zu verkraften: die Trennung vom Bruder, der in einem Heim lebt, die Drogensucht der Mutter, die Tatsache, dass der Vater im Gefängnis sitzt. Sicherheit und Geborgenheit erlebte die siebenjährige Jessie erst bei ihrem Onkel, der sie als Pflegekind aufgenommen hat. Doch Hilfe und Unterstützung haben Mario Kessler und seine Frau vom Jugendamt lange Zeit nicht bekommen – kein Einzelfall.
Mitteldeutscher Rundfunk, 14. Februar 2018
Ombudsperson für Schlichtung
Wolfgang Seelbach, Kreistagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen glaubt, dass manche Entscheidung des Jugendamtes nur besser erläutert werden müsse. „Das ist aber nur selten möglich, wenn die Emotionen hochkochen.“ Darum solle möglichst eine Ombudsperson solche Auseinandersetzungen schlichten. Im Idealfall könne eine Partei in einem Sorgerechtsverfahren die Ombudsperson anrufen. Dann werde geschlichtet.
Märkische Allgemeine, 27. März 2018
Jugendamtsmitarbeiter wegeschließen
In all dem Elend des Kinder- und Jugendhilfesystems gibt es natürlich
auch Lichtblicke, für die alle sorgen, die solchen Behörden wie dem
Wilhelmshavener Jugendamt die Tranfunzeln entreißen. Da gibt es zum Beispiel eine Schulleiterin, die eines Morgens ein
Kind aus dem Unterricht holen und zwei Jugendamtsmitarbeiterinnen
übergeben soll. Sie bittet die Behördenvertreterinnen in ihr Büro und
schließt sie ein.
Das Jugendamt, 7. Mai 2018, Hier weiterlesen
Wende in Sorgerechtsstreit
Im Fall eines elfjährigen Jungen, dessen Vater wiederholt die Arbeit des Jugendamtes Havelland kritisiert hatte, hat es eine überraschende Wende gegeben. Durch den Bericht eines Polizeibeamten über ein Gespräch mit dem Jungen, der dem Amtsgericht bei einer neuerlichen Verhandlung am 7. Mai vorlag, hat es eine Entscheidung im Sinne des Vaters gegeben.
Der Vater Karsten K. versucht seit Jahren, vor Gericht ein gemeinsames Sorgerecht und die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für seinen Sohn zu erstreiten. Die Eltern waren nie verheiratet, hatten einige Jahre zusammen gelebt und sich 2009 getrennt.
Redaktionsnetzwerk Deutschland, 11. Mai 2018
Wieder weiße Bettlaken?
Fünf Jahre ist es her, dass zum ersten Mal weiße Bettlaken aus den Fenstern einiger Berliner Jugendämter hingen. Die weiße Fahne als Zeichen der Kapitulation. Gute Kinderschutzarbeit sei nicht mehr zu leisten, hieß es schon damals. Zu viele Fälle, zu wenige Sozialarbeiter, die sich um die Familien kümmern. Schließzeiten wurden eingerichtet, um liegengebliebene Arbeit abzutragen. Einige Stellen mehr wurden finanziert. Doch rund läuft es in den Jugendämtern noch immer nicht.
Berliner Kurier, 19. Mai 2018
Hört sich wie ein schlechter Scherz an, ist aber wohl keiner
Sozialsenatorin Anja Stahmann will vor den Sommerferien den Prozess zur Entlastung von Fallmanagern im Jugendamt in Gang bringen. Vorbild könnte Hamburg sein, dort wurden rund 76 Stellen geschaffen.
Weserkurier, 3. Juni 2018
Lange Wartezeiten für Familien
Hohe Arbeitsbelastung, unbesetzte Stellen, fehlende Bewerber: Seit Langem arbeiten die Mitarbeiter der Regionalen Sozialen Dienste in den Jugendämtern der Berliner Bezirke unter schwierigen Bedingungen. Leidtragende sind vor allem auch Kinder und Familien in Problemsituationen, die Hilfe brauchen. Sie müssen immer länger auf immer weniger Termine warten, Gespräche fallen kürzer aus, bei Gerichtsterminen werden sie häufiger allein gelassen. Bis Hilfsmaßnahmen beginnen, vergeht oft lange Zeit.
rbb, 25. Juni 2018
Kinderleben gefährdet?
Die Botschaft ist drastisch: "Politisches Versagen gefährdet Kinderleben" steht auf einem der vielen Transparente, die Mitarbeiter der Berliner Jugendämter am Morgen vor der Senatsbildungsverwaltung entrollen. Zu wenig Personal bei zu vielen Fällen, dauerhafte Überlastung und fehlende Anerkennung - das sei Alltag in den Sozialen Diensten der Berliner Jugendämter, sagt Sozialpädagogin Ines: "Wenn alle nicht mehr weiter wissen, dann macht man eine Meldung beim Jugendamt. Und wir stehen mit einem Bein im Gefängnis, wenn wir nicht dafür sorgen, dass das Kind sicher ist."
rbb, 6. Juli 2018
Mehr Geld für ein schlechtes System?
Wenn ein System schlecht ist, steigert man die Zahl der Beschäftigten
in diesem System und bezahlt jeden Beschäftigten besser? Diese Frage
muss man sich stellen, wenn man hört und liest, was
Jugendamtsmitarbeiterinnen und Jugendamtsmitarbeiter fordern, die in
diesen Tagen in Berlin auf die Straße gegangen sind. Sie wollen 140 neue
Stellen und werfen der Politik Versagen vor.
Alois B. soll nach Aussagen mehrerer ehemaliger Angestellter mit seinen Firmen die Betreuung für schutzbedürftige Kinder und Jugendliche in freier Trägerschaft übernommen haben. Dafür habe er von Jugendämtern Geld kassiert, dieses aber nur zum Teil zweckgemäß eingesetzt. Mehrere Erzieher und Sozialarbeiter berichten, sie hätten monatelang keinen Lohn erhalten. Es gäbe Außenstände bei Sozialversicherungen und Vermietern. Außerdem sei zumindest in einer Einrichtung das Geld für das Essen der Jugendlichen zu knapp bemessen gewesen.
MDR, 26. Juli 2018
61 383 "Inobhutnahmen" in 2017
In 58 Prozent der Fälle ging die Inobhutnahme von den Jugendämtern und sozialen Diensten aus, in 17 Prozent waren es die Kinder und Jugendlichen selbst, die Hilfe bei den Behörden suchten. 14 Prozent der Inobhutnahmen gingen Hinweise der Polizei voraus, nur in sechs Prozent der Fälle waren es die Eltern, die sich ans Jugendamt wandten. Auf die übrigen fünf Prozent machten Ärzte, Lehrer oder Verwandte aufmerksam.
Süddeutsche Zeitung, 22. August 2018
Mehr Hinweise
Die Zahl der Hinweise auf die Gefährdung
und Misshandlung von Kindern hat in NRW
in den vergangenen Jahren deutlich
zugenommen. Die Jugendämter leiteten
2017 in rund 40.000 Fällen ein Verfahren zur Einschätzung des Kindeswohls ein.
und Misshandlung von Kindern hat in NRW
in den vergangenen Jahren deutlich
zugenommen. Die Jugendämter leiteten
2017 in rund 40.000 Fällen ein Verfahren zur Einschätzung des Kindeswohls ein.
Eine akute Vernachlässigung des Kindes
wurde in rund jedem achten Fall festgestellt.
Seit 2012 ist die Zahl der registrierten Fälle
um ein Viertel gestiegen, teilte das
Statistische Landesamt am Dienstag mit.
wurde in rund jedem achten Fall festgestellt.
Seit 2012 ist die Zahl der registrierten Fälle
um ein Viertel gestiegen, teilte das
Statistische Landesamt am Dienstag mit.
WDR, 4. September 2018
Frau Leppin schafft das bald nicht mehr
In den Augen vieler Deutscher machen Leppin
und ihre Kollegen vor allem eines: entscheiden
und das im Zweifel falsch. Darüber, ob ein Kind
bei den Eltern bleibt oder nicht. Dann heißt es entweder: "Die reißen Familien auseinander."
Oder, wenn ein Kind zu Schaden kam: "Wieso
hat das Jugendamt nichts unternommen?"
Leppin hat das oft gehört. Sie weiß, wie auf
sie und ihre Kollegen geschaut wird. Dass
niemand jubelt, wenn sie einer 13-Jährigen
einen Schlafplatz besorgt. Wenn sie 99-mal
richtig entscheidet. Nur wenn sie einmal
danebenliegt und einem Kind etwas passiert,
werden alle hinschauen. Auf diese Arbeit,
die sie an manchen Tagen glücklich macht
und an anderen traurig. Über die sie denkt,
wenn sie auf den Berg ihrer Akten schaut:
"Wie soll ich das alles schaffen?" Und:
"Ich schaffe das nicht mehr lange."
stern, 17. September 2018
Mir geht es so ähnlich wie Frau Leppin: Ich schaffe das bald auch nicht mehr. Fast täglich bekomme ich Anrufe von verzweifelten Eltern, lese Gutachten, Beschlüsse, Anwaltsschreiben und frage mich manchmal, wo wir eigentlich leben. Jugendämter stellen Ansprüche an Eltern, die niemand erfüllen kann, missachten die Gesetze, in denen steht, dass nach einem Kindesentzug jede erdenkliche Hilfe aus dem Bekannten- und Verwandtenkreis in Anspruch genommen werden muss, sie wiederholen ungeprüft, was in Gutachten, die oft falsch sind, steht, stellt man Fragen, wird gewarnt - vor dem Fragesteller. Mich hat das Jugendamt von Wilhelmshaven kriminalisiert - weil ich mich dafür einsetze, dass sich Geschwister endlich sehen dürfen?
Ich habe als Redakteur und blogger immer gehofft, auch nur einmal ein Jugendamt kennenzulernen, das sich anders verhält. Das ist mir bisher nur einmal gelungen. Derzeit liegt mir das Kreisjugendamt Viersen quer im Hals...
Sachbearbeiter mit Messer verletzt
Eine junge Mutter soll in Lippstadt im Kreis Soest
einen Mitarbeiter des Jugendamtes mit einem Messer
angegriffen und verletzt haben. Die 25-Jährige sei
bei einem Termin am Donnerstagmorgen mit einem
Schälmesser auf den 39 Jahre alten Sachbearbeiter
losgegangen, teilte die Polizei mit. Den Angaben
zufolge ist die Frau psychisch krank. Daher sei ihr
das Sorgerecht für ihr zweijähriges Kind entzogen
worden. An der Entscheidung war der 39-Jährige
demnach beteiligt.
Welt, 20. September 2018
Zugegeben, ich hatte etwas Anderes erwartet: demonstrierende Katholikinnen und Katholiken auf den Straßen Fuldas zum Beispiel. Die ihre Solidarität zeigen mit jenen mehr als 3.600 Kindern und Jugendlichen, die aktenkundig von Klerikern missbraucht wurden. Die dagegen protestieren, wie die Hierarchen mit den Betroffenen umgingen. Die einfach sagen: Wir fügen uns diesem System nicht mehr. Doch es kamen keine 3.600 Protestierenden zusammen, auch keine 360 und keine 36. Es blieb still auf den Straßen Fuldas. Und es blieb still bei der lange erwarteten Pressekonferenz, auf der eine Studie zum Ausmaß des Missbrauchs präsentiert wurde.
Deutschlandfunk, 25. September 2018
Personalnot wächst
Die Kehrtwende in den ausgedünnten Jugendämtern
lässt auf sich warten: Noch bevor am Mittwoch am
Alexanderplatz eine Demonstration gegen den
bundesweiten Personalmangel begann, wurde bekannt,
dass sich in einigen Berliner Bezirken der Notstand sogar
noch verschärft hat: Der Anteil der freien Stellen
wuchs auf rund 20 Prozent. Dies belegt eine aktuelle
Anfrage der CDU-Abgeordneten Emine Demirbüken-Wegener.
Tagesspiegel, 4. Oktober 2018
Paar kommt angeblich vom Jugendamt
Ein Mann und eine Frau haben sich am Donnerstag (18.10.2018) als Jugendamtsmitarbeiter ausgegeben, betraten eine Wohnung und gaben an, nach einem Säugling zu sehen zu wollen.
Das Paar klingelte gegen 10.30 Uhr an der Wohnungstür einer jungen Familie in Holzminden. Die Familie selbst, ein 24-jähriger Mann, seine 18-jährige Lebensgefährtin und der 3 Monate alte Sohn, waren nicht Zuhause, lediglich ein Bekannter, ein 25 Jahre alter Mann aus Algerien, hielt sich zu dem Zeitpunkt in der Wohnung auf.
Täglicher Anzeiger, 22. Oktober 2018
Ein Experte der Grünen in Dresden
"Premiere im Jugendhilfeausschuss: Erstmals hat es in diesem Gremium eine öffentliche Expertenanhörung gegeben."
Melden die "Dresdner Neueste Nachrichten" am 28. Mai 2018.
Thema: Das Wohl von Flüchtlingskindern. Die Grünen haben einen der Experten eingeladen.
Burgdorfer Kreisblatt, 13. November 2018
Eckpunktepapier für Kinderschutz in Berlin
Das Eckpunktepapier zielt auf die Stärkung der sogenannten Regionalen Sozialpädagogischen Dienste (RSD) in den Jugendämtern - eine Anlaufstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche bei Erziehungsfragen und familiären Problemen in den Bezirken. Beklagt wird dort seit Jahren Personalnotstand. Sozialarbeiter und -pädagogen seien überlastet, die Fluktuation hoch und der Kinderschutz könne nicht mehr gewährleistet werden, heißt es im Eckpunktepapier.
RBB, 19. November 2018
Kinderheime und Ulrike Meinhof
Peter Wensierski verfasste einen Artikel mit dem Titel "Die unbarmherzigen Schwestern" und 2006 das Buch "Schläge im Namen des Herrn". Doch: War das wirklich der Anfang? Nein. Ulrike Meinhof, die den meisten wohl nur als Terroristin bekannt ist, befasste sich schon viel früher als Redakteurin der "konkret" mit dem Thema. Ihr Film "Bambule-Fürsorge-Sorge für wen?" wurde Anfang der 70-er Jahre verboten. Es dauerte 24 Jahre, bis er ausgestrahlt wurde.
Burgdorfer Kreisblatt, 1. Dezember 2018
Meistens ein Jahr im Heim
Der noch immer verbreiteten Vorstellung, dass Kinder, wenn, dann über viele Jahre im Heim leben, sei nicht so leicht beizukommen. Die meisten bleiben etwa ein Jahr, sagt Frodl. „Wir streben als Erstes immer die Rückführung in die Familie an oder weiterführende Hilfen oder die Vermittlung in eine Pflegefamilie.“ Ob ein Kind in die Obhut des Kinderheims gegeben wird, entscheidet das Jugendamt. Auslöser gebe es verschiedene: „Das kann wegen einer akuten Bedrohung sein, wegen Vernachlässigung, wegen Erziehungsproblematiken, die nicht so einfach überwindbar sind, oder auch, weil ein alleinerziehender Elternteil ins Krankenhaus muss und keine Verwandtschaft da ist.“
Volksstimme, 17. Dezember 2018
Junge geht nicht zur Schule
Ein sechsjähriger Junge mit Hilfsbedarf aus Bremerhaven geht seit drei Monaten nicht mehr zur Schule. Ein Streit um die Bewilligung einer Schulbegleitung zwischen dem Jugendamt und der Bremerhavener Karl-Marx-Grundschule einerseits und der Mutter des Jungen andererseits verhindert, dass dieser am regulären Unterricht teilnehmen kann. Das Verwaltungsgericht Bremen hatte zwar im Oktober einstweilig angeordnet, dem laut Behörde verhaltensauffälligen Kind bis spätestens zu den Weihnachtsferien eine Begleitung zur Teilhabe an der Schule zu bewilligen, aber eine Einigung darüber blieb trotzdem aus.
taz, 21. Dezember 2018
Kein Familiengeld für Pflegeeltern
Die Diskussionen um das neue Familiengeld
ebben nicht ab. In einer aktuellen
Pressemitteilung kritisieren die Grünen, dass
einige Hundert Pflegeeltern in Bayern kein
Familiengeld bekommen. Auch diese Redaktion
machte deren Frust bereits im November
zum Thema. Nun fordert die Landtagsfraktion
ein sofortiges "Ende der Ungleichbehandlung".
Peter Able, Vorsitzender des Landesverbandes
der Pflege- und Adoptivfamilien, ärgert sich,
dass Pflegeeltern wieder hinten runter fallen.
"Bei jeder Gelegenheit erwähnt die Politik, wie
sehr Pflegeeltern Kommunen und Jugendämter
entlasten, doch honoriert wird diese Leistung nicht."
Main-Post, 27. Dezember 2018