Dienstag, 29. Juni 2010

Ein Anwalt lügt

29. Juni 2010
Nur kurze Zeit Redakteur?

Als Redakteur beschäftige ich mich seit über einem Jahr mit der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch, die angeblich seit 1993 unter dem Dach der Jugendhilfe Lüneburg familienorientierte Drogentherapie macht. Mütter, die in dieser Einrichtung gewesen sind, berichten dagegen, dass sie von ihren Kindern getrennt wurden. Gedroht worden sei ihnen: "Wir nehmen dir die Kinder weg."

Diese Erfahrungsberichte stehen seit langer Zeit im Netz. Unwidersprochen. Statt dessen eröffnen die Jugendhilfe Lüneburg und Professor Dr. Ruthard Stachowske als Leiter der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch juristische Nebenschauplätze. Jetzt wieder vor dem Landgericht Hamburg. Dort bin ich am 11. Juni 2010 verklagt worden, erster früher Termin ist der 1. Oktober 2010.

Dem Anwalt der Jugendhilfe Lüneburg ist in der Klageschrift auch diese Lüge Recht: Tjaden war nur kurze Zeit Redakteur - und das vor Jahrzehnten. Dennoch habe ich im April 2003 eine Erzählung über meine jüngsten Erfahrungen als Journalist geschrieben? Titel "Und raus bist du - Redaktionelle und andere Geschichten".

Dieses Buch hat mir viel Lob eingebracht, es sei gut montiert und ironisch verfasst. Den Leserinnen und Lesern begegnen die heutige Bundesarbeitsministerin  Ursula von der Leyen, der heutige Altkanzler Gerhard Schröder, der ehemalige Bundesligatrainer Werner Biskup, die Schauspielerin Heike Makatsch, der Schauspieler Ritchie Müller und weitere Prominente. Sie alle sind mir zwischen 1984 und 2003 über den journalistischen Weg gelaufen. Solche Begegnungen verlaufen gelegentlich überraschend.

Hätte ich 2003 den Beruf des Redakteurs an den Nagel gehängt, wäre ich nicht nur kurze Zeit Journalist gewesen, hätte ich diesen Beruf nur von 1984 bis 2003 ausgeübt, wäre das nicht Jahrzehnte her. Vielleicht sollte dieser Anwalt mein Buch lesen? Er und alle anderen können es bei mir bestellen. Einfach 10 Euro in einen Briefumschlag stecken und schicken an Heinz-Peter Tjaden, Krumme Straße 1, 26384 Wilhelmshaven. Schon geht die Post ab!

Montag, 21. Juni 2010

Esoterische Hochschule?

21. Juni 2010
Gedanken über eine Fachtagung in Dresden

Die Evangelische Kirche Deutschlands (EKD) geht eine "Allianz" ("Die Welt", 9. Oktober 2006) mit religiösen Kreisen ein, die Homosexuelle diffamieren und Heilung durch den Glauben propagieren (Oda Lambrecht, Christian Baars, "Mission Gottesreich - Fundamentalistische Christen in Deutschland", Christoph Links Verlag, Berlin 2009), evangelische Einrichtungen machen esoterische "Bildungsangebote" und die Evangelische Hochschule für soziale Arbeit zu Dresden arbeitet wieder einmal mit der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch zusammen.  Heute und morgen bei einer Fachtagung, bei der die Frage "Wie (un-)sicher ist das Kindeswohl?" beantwortet werden soll - und zwar von Professor Dr.  Ruthard Stachowske als Tagungsleiter, von Heidrun Girrulat und Arnhild Sobot als Referentinnen.

Die Therapeutische Gemeinschaft Wilschenbruch existiert seit fast 20 Jahren, macht angeblich eine familienorientierte Drogentherapie und Stachowske als Leiter der Einrichtung versichert, dass er nur anerkannte Therapiemethoden anwendet. Behauptet jemand etwas anderes, füllt der Anwalt der Einrichtung unzählige Seiten mit Beschimpfungen des Kritikers und mit der Drohung: "Wir gehen vor Gericht." Dann beginnt die (vergebliche) Warterei auf eine öffentliche Auseinandersetzung.

Treffen sich Ehemalige zu einem Gedankenaustausch, macht eine der beiden Referentinnen Fotos von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, kämpft eine Mutter um ihr Kind, äußert Stachowske die Vermutung, dass dieses Kind schon sehr bald in einem Kühlschrank verendet. Dieses Kind ist längst wieder zuhause, ist gesund und munter.

Auch ohne Energiefeldtherapie. Die wird - steht auf den Seiten der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch - seit 2002 in der Einrichtung mit Erfolg angewendet. Und hilft eigentlich gegen alles, was die Seele beschweren könnte. Wie verantwortungslos die Anwender dieser Therapiemethode sein können, lässt sich im Internet schnell feststellen. Geworben wird mit Erfolgsquoten, die bei 80 bis 90 Prozent liegen. Man muss nur lange genug klopfen?

Die Tagungsteilnehmerinnen und Tagungsteilnehmer sollten den Veranstaltern auf den Busch klopfen! Herauskommen könnte: Ob die Therapeutische Gemeinschaft Wilschenbruch etwas für das tut, was bei diesem Treffen "Kindeswohl" genannt wird, ist oft nicht ganz sicher. Und vielleicht stellt mal jemand die Frage: "Was bedeutet eigentlich evangelisch?"

Samstag, 19. Juni 2010

Die Gebetsmühle

19. Juni 2010
Familien trennen - das geht doch gar nicht

Fast schon gebetsmühlenartig wehrt sich die Jugendhilfe Lüneburg gegen den Vorwurf, in der dazu gehörenden Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch komme es zur Trennung von Familien. Das gehe gar nicht, behauptet der Geschäftsführer. Über das Sorgerecht werde von Familiengerichten entschieden. So argumentiert auch der Leiter der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch in seinen Vorträgen.

Aber: Gerichte müssen erst einmal eingeschaltet werden. Richterinnen und Richter setzen sich schließlich nicht einfach zusammen, schlagen das Telefonbuch auf und entscheiden: "Der Familie, die in der zweiten Spalte an 16. Stelle steht, nehmen wir mal die Kinder weg."

Informationen und Hinweise braucht man schon. Die können richtig, die können aber auch falsch sein. Wie oft die von besagtem Leiter der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch, der dann zum Zwecke der Trennung von Familien vorhandene oder nicht vorhandene Probleme so sehr aufbauscht, dass Jugendämter und Familiengerichte panikartig reagieren.

Sind die Kinder erst einmal weg, beginnt ein Kampf, der lange dauern kann und ohne Anwalt nicht zu gewinnen ist.  Gutachten müssen zerpflückt, Fehler der Jugendämter aufgedeckt werden. Schlagzeilen hat jüngst ein Fall aus Oldenburg gemacht. Einer Altenpflegerin und einem Altenpfleger sind die Kinder weggenommen worden. Jetzt entschied das Oberlandesgericht: Die Eltern bekommen das Sorgerecht wieder.

Das ist dieses Mal ziemlich schnell gegangen. Manchmal dauert so was Jahre oder der Kampf endet nie. Da wohnt ein Junge bei seinem Vater auf einer Insel, nach dem Tod des Vaters soll das Kind nach Behördenmeinung erst einmal zur Ruhe kommen und deswegen bleiben, wo es ist. Dort ist der Junge immer noch.

In Mönchengladbach arbeiten das Jugendamt, ein Gutachter, ein Kinderheim und ein Familiengericht Hand in Hand, sie ignorieren jeden Protest und beschuldigen einen Vater sexueller Übergriffe. Daran ist zwar nichts - aber es wirkt lange Zeit.

Viele Jugendämter sind hoffnungslos überfordert, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht genügend qualifiziert. Das bringt ihnen auf vielen Internetseiten den Vorwurf des "Kinderklaus" ein. Manche wittern sogar Geschäftemacherei. Kinder in Heime zu stecken, das lohne sich zumindest für die Heime.

Wer nicht an "Kinderklau" glaubt, muss zumindest viel zu oft feststellen: Haben Jugendämter und Gerichte falsch entschieden, werden Spuren verwischt, Protokolle und Gesprächsnotizen nicht herausgerückt oder sie verschwinden auf geheimnisvolle Weise, vor Gericht Behauptetes ist angeblich nie gesagt worden. Verhandlungen vor Familiengerichten sind nicht öffentlich, unabhängige Zeuginnen und Zeugen gibt es also nicht.

Leichter wird der Kampf auch nicht mit dem Kunstwort "Kindeswohl". Was das ist, kann niemand zufriedenstellend definieren. Hier zu Deutschland verstößt man nach landläufiger Meinung schon gegen dieses so genannte "Kindeswohl", wenn die Kleinen nicht zur altersgerechten Zeit im Bett liegen und schlafen, während in südlichen Regionen die Eltern ihren Nachwuchs auch abends mit ins Restaurant oder an den Strand nehmen. Dort schlummern die Kleinen irgendwann ein - verraten Sie das aber bitte keinem deutschen Jugendamt. Sonst setzt sich das in Bewegung und schaut auch noch im Ausland nach jenem Rechten, das immer richtig ist...

Kindesunwohlpreis 2010

27. Februar 2010
Welches Jugendamt macht das Umfragerennen?

Noch hat das Jugendamt von Lüneburg die Schale. Keine Behörde tut mehr für das Kindesunwohl, entschied 2009 eine knappe Mehrheit. Mönchengladbach hatte zwar vieles für den Umfragegewinn getan, doch: Es reichte nicht ganz. Obwohl: Mitarbeiterinnen dieses Jugendamtes haben im vergangenen Jahr eine weite Dienstreise gemacht, bevor sie wenige Tage später nicht mehr zuständig waren. Motto: "Mehr als pleite kann die Stadt nicht sein."

Inzwischen sind die Medienscheinwerfer auf das Jugendamt in Oldenburg gerichtet worden. Im Lichtkegel sieht man: Eine Altenpflegerin und einen Altenpfleger mit sechs Kindern. Die sind über Nacht weg gewesen. Abgeholt von Polizei und Jugendamt. Sogar ein Baby, das noch gestillt werden muss. Seit einem Jahr kämpfen die Eltern um die Rückkehr ihrer Kinder, ihr Rechtsanwalt spricht von "himmelschreiender Ungerechtigkeit".

Im Himmel allerdings sind Jugendämter nicht angesiedelt. Viele eher schon auf einer Insel der Willkür. Kann man im Netz nachlesen. Da reicht die so genannte "Erziehungsfähigkeit" einer Mutter angeblich nur für zwei Kinder, das dritte hat man weggebracht. Eine 59-Jährige ist nach Behördenansicht dermaßen überfordert, dass die Schule ihres Pflegesohnes vom Duisburger Jugendamt stundenlang belagert wird, weil die Schulleiterin den Schüler nicht in ein Heim schicken will. Schließlich rückt die Behörde wieder ab - ohne Kind.

Man kann fast schon sicher sein: Die kommt wieder. Vorzugsweise morgens um 7 Uhr. Dann sind Kinder noch schlaftrunken - und die Eltern noch nicht ganz wach...

Die spannende Frage lautet also: Welches Jugendamt gewinnt den Kindesunwohl-Preis 2010? Die Umfrage läuft bis zum 15. November 2010. Vorschläge können per SMS gerichtet werden an 0162/675 4308.

18. Juni 2010: Das Oberlandesgericht Oldenburg entscheidet: Die Altenpflegerin und der Altenpfleger bekommen das Sorgerecht zurück.